Was der Karfreitag mit Frieden zu tun hat |
Ich verstehe die Menschen nicht. Warum machen sie sich das Leben gegenseitig so schwer? Das frage ich mich heute wieder, am Karfreitag im Jahre 2025. Wie alle Jahre wieder gibt es Streit um den stillsten aller christlichen Feiertage und seinen Gegenentwurf, den Carfreitag. Oder all die anderen Gegenentwürfe, die allerorten erdacht wurden. Und wohlgemerkt: Ich verstehe beide Seiten nicht.
Am Karfreitag begehen die Christen den Todestag ihres Erlösers. Es ist nicht weniger als das! Die Trauer steht im Vordergrund, die Besinnlichkeit, die innere Einkehr. Doch es ist nicht nur die Trauer über die Todesqualen, es ist auch die Anerkennung des Opfers, das Jesus für die Menschen gebracht haben soll. Das kann man verrückt finden, muss es aber nicht. Obwohl auch ich nicht zu denen gehöre, die diesen Tag so begehen möchten, habe ich doch verstanden, wie wichtig es anderen ist.
Der Karfreitag ist ein stiller, besinnlicher Feiertag. Dazu geworden ist er in Zeiten, als das Christentum unsere Gesellschaft beherrscht hat. Das hat sich geändert. Auch wenn der Staat beharrlich für die Kirchen die Kirchensteuern eintreibt, so sind wir längst nicht mehr so gläubig wie einst. Im Gegenteil: Die christlichen Kirchen schrumpfen unaufhörlich. Auch der Karfreitag hat sich gewandelt vom höchsten Feiertag zum willkommenen Auszeittag auf dem Weg zum (ebenfalls längst entkernten) Osterfest.
Dennoch besteht weiterhin das „Tanzverbot“. In verschiedenen Gegenden Deutschlands sind am Karfreitag verschiedene störende Tätigkeiten verboten – von lärmenden Arbeiten bis zu Tanz und Musikdarbietungen. Seit langem wird dagegen protestiert. Nicht zuletzt durch den Carfreitag, an dem sich Autotuner und Poser zu oft (nicht immer!) illegalen Treffen zusammenfinden, um ordentlich Lärm zu machen. Oder die Initiatoren des Tanzens gegen das Tanzverbot. Noch scheinen die Deutschen (besonders die älteren) das Tanzverbot in der Mehrheit zu unterstützen (Stand 2017!), doch wie lange noch? Und was, wenn irgendwann nicht mehr? Wie wird es dann weitergehen?
Aber wie ich schon schrieb: Ich verstehe die Menschen nicht, die Menschen beider Ansichten. Ich verstehe nicht, warum man es darauf ansetzt, den Mitmenschen mit besonderem Stillebedürfnis eben dieses zu torpedieren. Auch verstehe ich nicht, wie man sich als Mensch mit besonderem Stillebedürfnis das Recht herausnimmt, allen anderen die Stille vorzuschreiben. Wieso braucht es überhaupt Gesetze, um ein Zusammenleben zu ermöglichen?
Wieso kann nicht die eine Seite sagen: Hey, Du willst Stille an einem besonderen Tag? Ich eigentlich nicht, aber okay, dann reiße ich mich halt zusammen. Dann gehe ich ein Mal nicht in den Tanzclub, sondern daddel zu Hause an der Playstation. Mit Kopfhörer. Ich könnte auch den Tag einfach verpennen oder eine lange Wanderung machen oder – ach es gibt so viele lautlose Dinge, für die mir sonst die Zeit fehlt. Ich bin so leise wie möglich, versprochen. Das liegt mir zwar nicht, aber für dich mache ich das.
Tja, und die andere Seite könnte sagen: Hey, Du hast ein Zappelbedürfnis, das ich echt nicht nachvollziehen kann. Aber okay, wenn es nicht allzu laut ist, dann geh doch tanzen. Mach was Dir gut tut und nimm dabei ein wenig Rücksicht auf mich. Und wenn du unbedingt dein Auto vorführen willst, dann mach das doch, aber vielleicht auf der Autobahn und ein einziges Mal nicht in der Innenstadt. Und wenn ich dich dann doch tanzen oder posen höre, dann stecke ich mir Ohrstöpsel in die Ohren, dann wird es schon irgendwie gehen.
Aber nein, so ist es nicht. Beide Seiten sind unerklärlich verhärtet. Die einen sagen: Du darfst nicht tanzen, sonst rufe ich die Polizei. Die anderen sagen: Leck mich, dich lasse ich nicht zur Ruhe kommen, wirst du schon sehen. Beide Seiten könnten friedlich zusammenleben, wollen es aber nicht. Oder nein, das ist falsch: Nur einige von ihnen wollen das nicht. Ich glaube, ein großer Teil der Menschen ist durchaus bereit, Toleranz zu üben – auf beiden Seiten und in allen Altersstufen. Aber leider gibt es immer die Unbarmherzigen, die ihre Weltsicht durchsetzen und andere Ansichten kaltstellen wollen. Das ist so in der Karfreitags-Frage wie auch großen weltpolitischen Konflikten. Leider können dabei Einzelne mit einfachsten Mitteln das ansonsten friedliche Zusammenleben zerstören – auf beiden Seiten. Und die große Mehrheit, die einfach nur Frieden will, leidet dann unter den Konflikten.
Tja, ich fände es schön, wenn wir keine Gesetze bräuchten, um miteinander auszukommen. Und ich bin nicht allein: Bei meiner Recherche fand ich eine Aussage des Religionssoziologen Detlef Pollack:
„Meine Position ist: Man sollte das Tanzverbot nicht durchsetzen, aber man sollte es auch nicht verletzen.“
Dem kann ich mich nur anschließen.
Tanzverbot bei Wikipedia | https://de.wikipedia.org/wiki/Tanzverbot |
Carfreitag bei Wikipedia | https://de.wikipedia.org/wiki/Carfreitag |
Karfreitag: Tanzender Protest im Journal Frankfurt am 17.04.2025 | https://www.journal-frankfurt.de/journal_news/Politik-10/Frankfurt-Bockenheim-Karfreitag-Tanzender-Protest-43786.html |
Umfrage: Mehrheit steht zum Tanzverbot an Karfreitag in der Mitteldeutschen Zeitung am 10.04.2017 | https://www.mz.de/varia/umfrage-mehrheit-steht-zum-tanzverbot-an-karfreitag-1296431 |
Was es mit dem Tanzverbot an Karfreitag auf sich hat bei rbb24 am 18.04.2025 | https://www.rbb24.de/panorama/beitrag/2025/04/ostern-karfreitag-tanzen-verbote-berlin-brandenburg.html |
Kürzlich, pünktlich zu Weihnachten 2024, ist mir klargeworden, warum ich keine Geschenke mag. Kürzlich erst. Das ist komisch, denn schon immer muss ich mich rechtfertigen dafür, warum ich sowohl aufs Schenken als auch aufs Geschenkekriegen verzichte, zu Weihnachten, zum Geburtstag und sonstwann. Ich stottere dann immer etwas von – keine Ahnung, was ich dann immer stottere. Jedenfalls mag ich keine Geschenke. Das ist auch der Hauptgrund, warum ich Weihnachten nicht leiden kann. Aus vollem Herzen. Denn bei Weihnachten geht es – ums Schenken.