Einhebelmischer und Energieverschwendung |
Bequemlichkeit vs. bewusstes Handeln |
Grundsätzlich mache ich hier keine Produktwerbung. Und auch jetzt geht es mir nicht um die Marke, sondern um das Prinzip: Der Einhandmischer, bei dem die Mittelstellung kaltes Wasser liefert. Ich selbst habe so einen von der Firma hansgrohe, die den CoolStart auf den Markt gebracht hat. Für mich eine der wichtigsten Erfindungen neuerer Zeit.
Es gibt nur noch Einhandmischer, auch Einhebelmischer genannt. Fast nur noch. Als ich fürs Bad eine neue Wassergarnitur brauchte, fragte ich im Sanitärgeschäft nach einem Zweihandmischer. Der Gesichtsausdruck der Verkäuferin sprach Bände. Und tatsächlich: Außer ganz billigen und besonders teuren Retro-Designer-Produkten – hauptsächlich für den Küchenbereich – gab es im Sortiment keine Zweihandmischer. Niemand will diese Dinger mit zwei Drehrädchen haben, man kann sie einfach nicht mehr verkaufen.
Einhebelmischer haben den Vorteil, mit nur einer Hand und einer kurzen Handbewegung Wassermenge und Temperatur einzustellen. Die meisten Menschen empfinden das als bequem und einfach. Ist es meist ja auch. Doch bringt diese Bequemlichkeit auch Nachteile mit sich.
Diese Probleme werden auch anderswo beschrieben, z.B. bei den Heizkostenabrechnungs-Fachleuten von Delta-t mit ihrem Energiespartipp Der Einhebelmischer als Energieleck oder im Merkblatt Damit Ihre Mischbatterie kein Warmwasser verschwendet der Schweizer Fachstellen für Energie und Umwelt.
Eine Lösung bietet hansgrohe mit seinem CoolStart. Die Mittelstellung bedeutet kalt, erst nach links wird das Wasser wärmer. Ich kenne kein anderes Produkt, das das zweite oben genannte Problem so elegant löst. Ich habe aber keine Marktübersicht und bin für jeden Hinweis dankbar. Ich liebe den CoolStart in meiner Wohnung, den mir die genannte Verkäuferin im Sanitärgeschäft schließlich empfohlen hat. Ich habe aber auch schon Stimmen gehört, die ihn unästhetisch finden oder die ganze Problematik mit einem Schulternzucken abtun. So ist sie, unsere Welt: Ästhetik und Bequemlichkeit stehen dem Schutz der Ressourcen und bewusstem Handeln gegenüber.
Alles übertrieben?
Wie groß ist denn der Energieverlust durch Einhandmischer? Das ist schwer zu schätzen. Ich versuche es mal so:
Pro Jahr verschwenden Einhebelmischer in Deutschland also gut 2 TWh Energie, ein Großteil davon bleibt noch in der Leitung stecken. Die öffentlichen Zapfstellen (Gästetoiletten in Restaurants, Arztpraxen, öffentlichen Gebäuden) sind dabei noch nicht berücksichtigt.
Zum Vergleich:
Meine Berechnung beruht natürlich nur auf ganz groben Schätzwerten. Eine Größenordnung mag sie dennoch liefern. All das wird jetzt allerdings jeder/jede anders deuten. Einige werden sagen: 2 TWh sind nicht einmal ein drittel Prozent des Gesamtenergieverbrauchs der deutschen Haushalte. Es lohnt sich nicht, daran einen Gedanken zu verschwenden oder gar einen Blogartikel darüber zu schreiben. Andere werden sagen: Isar 2 hat in 35 Jahren Betriebszeit etwa 334 TWh geliefert, pro Jahr also kaum 10 TWh. Es scheint, als verlangten alle Einhandmischer in Deutschland mal eben nach gut einem fünftel leistungsstarken Kernkraftwerk. Für nix!
Die Menschen lieben Bequemlichkeit. Daraus resultiert sicherlich die Ansicht, sich mit warmem Wasser die Hände waschen zu müssen. Dazu gehört aber auch, sich keine Gedanken über alltägliche Vorgänge zu machen. Ein Zweihandmischer (der mit den altmodischen Rädchen an den Seiten) verlangt aus Prinzip, dass man sich bewusst macht, ob man jetzt warmes Wasser braucht oder nicht. Dafür bietet er eine ungleich genauere Einstellung von Wassermenge und Temperatur, denn die Drehbewegung aus dem Handgelenk lässt sich viel leichter dosieren als die Auf- und Abbewegung des Unterarms. Aber noch einmal: Der Zweihandmischer verlangt eben nach Bewusstsein. Deshalb ist er beinahe ausgestorben.
Bequemlichkeit auf Kosten der Umwelt, dieser Trend ist in vielen Lebensbereichen zu beobachten. Ich finde das bemerkenswert und beschämend – ob es jetzt ein drittel Prozent ausmacht oder ein fünftel Kernkraftwerk.
Der CoolStart bei hansgrohe | https://www.hansgrohe.de/bad/ratgeber/technologie/automatisch-energie-sparen |
Kernkraftwerk Isar | https://de.wikipedia.org/wiki/Kernkraftwerk_Isar |
Bundesumweltamt über den Energieverbrauch nach Energieträgern und Sektoren | https://www.umweltbundesamt.de/daten/energie/energieverbrauch-nach-energietraegern-sektoren |
Energiespartipp: Der Einhebelmischer als Energieleck bei Delta-t | https://delta-t.de/energiespartipp-der-einhebelmischer-als-energieleck/ |
Merkblatt Damit Ihre Mischbatterie kein Warmwasser verschwendet der Schweizer Fachstellen für Energie und Umwelt | https://www.energie-umwelt.ch/fichiers/fiches-conseils/fiche_robinet-mitigeur_de.pdf |
am 24.03.2024 um 17:58 Uhr | Hallo Pit! : ) Klasse Blogbeitrag! Über dieses Thema habe ich mir bisher ehrlich gesagt keine so intensiven Gedanken gemacht... Ich selbst habe sowohl in der Küche als auch im Bad einen normalen Wasserhahnhebel (rechts kalt, links heiß), aber ich werde mich nun mehr bemühen, ihn gegen die Ästhetik rechts auszurichten. (In der Küche war er bei mir bisher sogar immer links...) Dein Blogbeitrag hat mich jedenfalls (mit)inspiriert, auch mal über das Thema Energiesparen zu schreiben. : ) Viele Grüße aus dem Schwarzwald! Journey/Lui |
am 31.03.2024 um 10:25 Uhr | Danke, Lui, für Dein Lob :-) Ja, ich fand es interessant, dass die Ästhetik direkten Einfluss auf unsere Umwelt hat. Obwohl: Das hat sie in anderen Bereichen noch viel mehr, in der Mode zum Beispiel. Ansonsten freu ich mich auf Deine Artikel … |
Kürzlich, pünktlich zu Weihnachten 2024, ist mir klargeworden, warum ich keine Geschenke mag. Kürzlich erst. Das ist komisch, denn schon immer muss ich mich rechtfertigen dafür, warum ich sowohl aufs Schenken als auch aufs Geschenkekriegen verzichte, zu Weihnachten, zum Geburtstag und sonstwann. Ich stottere dann immer etwas von – keine Ahnung, was ich dann immer stottere. Jedenfalls mag ich keine Geschenke. Das ist auch der Hauptgrund, warum ich Weihnachten nicht leiden kann. Aus vollem Herzen. Denn bei Weihnachten geht es – ums Schenken.
Wir leben in turbulenten Zeiten. Wer will das bestreiten? Klimawandel, Krieg in Europa, wachsender Populismus in Politik und Gesellschaft, Inflation, Spaltung, Extremismus – vieles davon ist beängstigend für die meisten Menschen meines Umfelds. Ich selbst habe nie einen Krieg erleben müssen, doch jetzt steht er – gefühlt – vor der Tür. „Die Aussicht auf ein gutes Leben schwindet“, sagt der Studienleiter der aktuellen Studie „Jugend in Deutschland 2024“, wenn er über die Sorgen junger Menschen der Generation Z spricht (14 bis 29 Jahre). Und tatsächlich hat man oft den Eindruck, als ereile uns zur Zeit eine Katastrophe nach der anderen. Wie soll man in diesen Zeiten die Hoffnung bewahren?