Gesellschaft |
LEDs wie geschnitten Brot |
über den Verpackungs- und Plastik-Wahn |
Da möchte man was für die Umwelt tun – oder wenigstens nicht so viel dagegen –, da sieht man sich unversehens genötigt, den eigenen ökologischen Fußabdruck auf Erden doch wieder unnötig zu vergrößern. Ich kaufe mir also ein modernes Leuchtmittel, so eine „Glüh“birne mit sparsamen LEDs, freue mich schon über meinen sinkenden Stromverbrauch, und schon folgt die Enttäuschung auf dem Fuße: die Plastik-Verpackung:
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Eingeschweißt in harte Plastik-Halbschalen |
Beim Brot ist es dasselbe. Irgendwann wurde es üblich, sein Brot bereits im Backshop schneiden zu lassen von einer dieser entsetzlich quietschenden Schneidemaschinen. Seither ist „geschnitten?“ die häufigste Frage der Fachverkäuferinnen und der wenigen -verkäufer, da es natürlich immer ein paar Service-Verweigerer gibt. Auch ich habe mich diesem Service hingegeben und es genossen, nicht mehr selber schneiden zu müssen. Bis mir bewusst wurde, wie viel Plastikmüll ich dadurch verursache. Geschnittenes Brot wird nämlich – zumindest bei uns in der Gegend – in einer Plastiktüte verkauft, ungeschnittenes dagegen in Papier. Der Grund ist sicher der, dass einzelne Brotscheiben viel schneller austrocknen und hart werden als ein Brotlaib am Stück. Das Plastik wiederum verhindert dies effektiv. Ich habe mehrmals den Test gemacht und mir ein geschnittenes Brot in Papier geben lassen (und die mitleidigen Blicke ertragen). Schon nach kaum einem Tag wurden die einzelnen Schnitten unangenehm hart.
Heute verzichte ich auf das Schneiden beim Bäcker (zur Freude der Kunden hinter mir in der Schlange). Für mich ist das aktiver Umweltschutz zu einem kleinen Preis: ich muss wieder selber ran und das Brotmesser in die Hand nehmen. Dafür freue ich mich jedesmal, nur Altpapier ins Altpapier zu werfen (schon schlimm genug), anstatt eine Plastiktüte in den Gelben Sack.
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Früher war alles besser: gleich zwei Glühbirnen in einer Pappschachtel (und Glühbirnen sind viel empfindlicher als LED-Leuchten) |
LED-Leuchtmittel und geschnitten Brot – beides sind kleine Beispiele für den Plastik-Wahn, dem wir seit vielen Jahrzehnten verfallen sind. Insbesondere das Brot zeigt uns, wie unbewusst wir mit dem Thema umgehen. Da bietet uns jemand einen neuen Service an, und wir fragen nicht nach den Konsequenzen. Wir – zumindest ich – nehmen sie nicht einmal wahr. Wenn aber doch, dann haben wir als Endkunden die Möglichkeit, das Geschehen zu beeinflussen. Beim Brot jedenfalls, bei den Leuchtmiteln ist das schon deutlich schwieriger. Hier hilft wohl nur ein großflächiges Umdenken des Marketings oder ein irgendwie gearteter Plastik-Infarkt oder das schon so lange erfolglos angekündigte Ende des Öls.
Plastik-Massen im Meer überfordern Umweltschützer, bei Zeit-online | http://www.zeit.de/wissen/umwelt/2015-02/muell-plastik-ozeane-umweltverschmutzung |
Das kann kein Meer mehr schlucken, Thema beim WWF | http://www.wwf.de/themen-projekte/meere-kuesten/unsere-ozeane-versinken-im-plastikmuell/ |
Plastic Ocean – Plastikinseln im Meer | http://reset.org/knowledge/plastic-ocean-plastikinseln-im-meer |
Gerhard am 20.01.2016 um 21:31 Uhr | Hier eine Seite zur Verdeutlichung der Menge des Abfalls: http://www.chrisjordan.com/gallery/rtn/#caps-seurat Da ist alles drin ;-) |
am 21.01.2016 um 20:36 Uhr | Wow, danke Gerhard. Erst wusste ich nicht recht etwas anzufangen mit dem Bild, aber dann hat's "Click" gemacht ;-) |
Gerhard am 21.01.2016 um 23:07 Uhr | Ja, das ist schon was! Die Abfallorgien sind schon kolossal! |
am 17.12.2016 um 21:22 Uhr | Dass geschnittenes Brot in Plastik verkauft wird, ist mir noch nie so bewusst aufgefallen... Ich bin aber auch immer bei einem anderen Bäcker und handhabe das mal so mal so. Aber dann wähle ich jetzt wohl lieber den ohne Schneidemaschine. Ich hab mir auch angewöhnt einzelne Paprika direkt mit dem Preis zu versehen anstatt das ganze in eine Plastiktüte zu packen und diese dann mit dem Preis zu versehen...und falls ich auf dem Wochenmarkt einkaufe, habe ich Stoffbeutelchen dabei. : D Naja...man tut, was man kann. Mich freut es zum Beispiel zu lesen, dass Penny die Plastiktüten einstellt. Wer braucht die auch schon? Und Osram verkauft glaube ich auch LEDs in Karton... ; ) |
am 18.12.2016 um 20:06 Uhr | Hey, Journey, schön, dass Du vorbeischaust :-) Zitat: ja, das mache ich auch :-)einzelne Paprika direkt mit dem Preis zu versehen Zitat: richtig. Je mehr das wird, desto mühsamer wird das leider.man tut, was man kann |
Kürzlich, pünktlich zu Weihnachten 2024, ist mir klargeworden, warum ich keine Geschenke mag. Kürzlich erst. Das ist komisch, denn schon immer muss ich mich rechtfertigen dafür, warum ich sowohl aufs Schenken als auch aufs Geschenkekriegen verzichte, zu Weihnachten, zum Geburtstag und sonstwann. Ich stottere dann immer etwas von – keine Ahnung, was ich dann immer stottere. Jedenfalls mag ich keine Geschenke. Das ist auch der Hauptgrund, warum ich Weihnachten nicht leiden kann. Aus vollem Herzen. Denn bei Weihnachten geht es – ums Schenken.
Wir leben in turbulenten Zeiten. Wer will das bestreiten? Klimawandel, Krieg in Europa, wachsender Populismus in Politik und Gesellschaft, Inflation, Spaltung, Extremismus – vieles davon ist beängstigend für die meisten Menschen meines Umfelds. Ich selbst habe nie einen Krieg erleben müssen, doch jetzt steht er – gefühlt – vor der Tür. „Die Aussicht auf ein gutes Leben schwindet“, sagt der Studienleiter der aktuellen Studie „Jugend in Deutschland 2024“, wenn er über die Sorgen junger Menschen der Generation Z spricht (14 bis 29 Jahre). Und tatsächlich hat man oft den Eindruck, als ereile uns zur Zeit eine Katastrophe nach der anderen. Wie soll man in diesen Zeiten die Hoffnung bewahren?