Jeder tickt anders |
ein hintergründiges Kunstwerk |
Ein Bekannter erzählte mir folgendes Erlebnis: Einmal war er als Lieferant bei einem Kunden zu Hause. In einem Raum der Wohnung fiel ihm plötzlich eine merkwürdige Geräuschkulisse auf, die zwar eher leise war, aber dennoch den ganzen Raum erfüllte. Er schaute sich um und entdeckte ein bemerkenswertes Gebilde, ein Kunstwerk möchte ich es nennen.
Auf eine Plexiglas-Scheibe montiert befanden sich vierundvierzig mechanische Uhren. Ihr gemeinsames Ticken war das Geräusch, das ihn hatte aufmerksam werden lassen. Doch erst beim genaueren Hinsehen konnte er erkennen, dass es etwas Besonderes auf sich hatte mit ihnen. Zwar waren die vierundvierzig Uhren alle gleich gebaut, jedoch zeigten die achtundachzig Zeiger vierundvierzig völlig verschiedene Uhrzeiten an. Nicht etwa die lokalen Uhrzeiten vierundvierzig verschiedener wichtiger oder überbewerteter Orte auf der Welt – Tokjo, New York, Peking, ... Nein, es waren vierundvierzig völlig zusammenhangslose Zeiten.
Erstaunt wandte mein Bekannter sich an den Hausherrn. Was denn der Sinn sei dieser außergewöhnlichen Installation. Die Antwort war kurz und knapp: "Ist doch ganz klar", sagte er. "Jeder tickt anders."
Im Rahmen eines Preisgewinns im Ende 2021 (1. Preis für eine Kurzgeschichte) wurde ich zu einem zweiwöchigen Schreibaufenthalt nach Brüsenhagen/Prignitz/Brandenburg eingeladen. Ich wohnte dort auf Hof Obst in einer geräumigen Ferienwohnung und hatte alle Zeit der Welt, um neue Texte zu schreiben. Neben den äußerst netten Menschen, die ich kennenlernen durfte, hat mich besonders die Landschaft beeindruckt und ihre Auswirkungen auf meine Großstädterseele.
Die Insekten werden weniger. So platt kann man den Begriff „Insektensterben“ erläutern. Doch so einfach kann es natürlich nicht bleiben. Mit dem Insektensterben verhält es sich nämlich, wie mit dem Klimawandel und der Corona-Krise: Es wird um Zahlen und Ursachen gestritten. Es werden wissenschaftliche Studien eingefordert, die dann angezweifelt werden, wenn sie nicht gefallen. Beim Insektensterben ist es die Frage, ob seit 30 Jahren die Insekten-Biomasse um 75% geschrumpft ist oder um weniger, und ob nun die Landwirtschaft, der Klimawandel oder doch vielleicht die Autofahrenden schuld daran sind. Dass es vielleicht all diese gemeinsam zu verantworten haben könnten (und andere) und dass es vielleicht egal ist, ob es nun 75% oder nur 35% sind, das höre ich selten. Tatsache ist, dass die Insekten weniger werden. Und es ist schön zu sehen, dass es Menschen gibt, die einfach was dagegen unternehmen.